Seit Thymesia vor etwa einem Jahr offiziell angekündigt wurde, hatte ich immer mal wieder einen Blick auf den Werdegang dieses Spiels geworfen, denn schon der Reveal-Trailer sah richtig genial aus. Das Game versprach schon hier ein außergewöhnliches Setting und Gameplay. Deshalb wanderte das Spiel dann auch ein paar Wochen nach der Veröffentlichung am 25. August 2022 in meine Bibliothek.
Die Story hält sich bedeckt
Thymesia versetzt mich in das kranke Königreich Hermes. Einst war es hier üblich, Alchemie für alltäglich Dinge zu verwenden und den Menschen dadurch ein angenehmes Leben zu ermöglichen. Irgendwann liefen die Dinge dann allerdings durch ein nicht mehr nachvollziehbares Ereignis aus dem Ruder und durch die alchemistischen Tränke wurde statt Stärkung und Heilung eine Seuche in die Welt getragen.
Erkrankte schickte man nun ins Exil und selbsternannte Heiler begannen mit diversen Mitteln zu experimentieren, um eine Heilung gegen die Seuche zu finden. Oft hatten diese eine zweifelhafte Wirkung und manche gutgemeinten Experimente schlugen dabei leider entsetzlich fehl …
Corvus, unser Protagonist und selbst ein Pestarzt, hatte wohl bereits eine erfolgsversprechende Medizin gefunden, als er plötzlich alle seine wertvollen Erinnerungen verlor. Nun gilt es in der feindlichen Welt nach Hinweisen zu suchen, um seinem Gedächtnis wieder auf die Sprünge zu helfen und mit dem wiedererlangten Wissen die Seuche zu besiegen. Mit einem Säbel und einer Kralle bewaffnet marschiere ich mit Corvus also los ins Unbekannte.
Thymesia gibt sich selbst das Label „soulslike“, verfolgt aber definitiv einen eigenen Ansatz und hebt sich deshalb angenehm von seinen großen Vorbildern und der Masse der Nachahmer ab. Allein bei der mühsamen Enthüllung der Hintergrundgeschichte folgt das Spiel ganz seinen Idolen. Kleine versteckte und teilweise schwurbelige Notizen und sehr knappe Informationen von NPCs machen es mir anfangs nicht leicht, zu erfassen, was in dieser Welt passiert ist oder was als nächstes zu tun ist.
Die Story erinnert dabei etwas an Bloodborne, auch weil in Thymesia Blut zur Heilung der Seuche eine große Rolle spielt, aber mehr soll hier nicht verraten werden.
Herausforderndes Kampfsystem
Thymesia wartet mit einem überraschenden Kampfsystem auf. Hier gilt es nämlich, dem Gegner zunächst mit dem Säbel Wunden zuzufügen und ihnen danach durch diese Wunden mit der Kralle die Lebenskraft zu entziehen. Das bedeutet, dass ein Angriff immer in zwei Phasen erfolgen muss. Hier musste ich anfangs etwas üben, bevor ich dieses System verinnerlicht hatte. Danach wusste das Kampfsystem aber durchaus zu überzeugen, und ich freute mich, hier eine neue und zugegebenermaßen sehr coole Kampfmechanik geboten zu bekommen. Die Kämpfe gleichen dadurch eher einem gut getakteten Tanz.
Warte ich allerdings zu lange mit meinen Angriffen, heilen die zuvor beigebrachten Wunden wieder und ich habe nichts gewonnen. Das Spiel fordert mich somit zu einem aggressiven Spielstil auf, was mir eigentlich gar nicht so liegt. Aber wer hier zögert, verpasst oft gute Chancen. Zwar bietet mir Thymesia auch reichlich Gelegenheit zu Fernangriffen, doch das Spiel zwingt mich dazu, die meiste Zeit hautnah auf Tuchfühlung mit den Gegnern zu bleiben. Die Möglichkeiten im Nahkampf zu blocken, zu parieren oder schnell auszuweichen, erlauben es mir aber, auch in diesen brenzligen Situationen noch die Oberhand zu behalten.
Die Stärke und Schnelligkeit der Gegner variieren nicht nur im Laufe des Spiels, sondern auch in den einzelnen Gebieten erheblich. Da gibt es tumbe Genossen, die relativ langsam mit einer Axt um sich schlagen, aber auch jede Menge äußerst aggressive Mini-Bosse, die teilwiese eine knackige Herausforderung sind. Daneben lauern natürlich die Gebietsbosse, die vom Schwierigkeitsgrad doch sehr unterschiedlich sind und hier ist größtenteils eine hohe Frusttoleranz gefragt.
Neue Waffen braucht das Land
Eine weitere Besonderheit von Thymesia stellen die sogenannten Seuchenwaffen dar. Diese erbeute ich durch das Besiegen von Mini- oder Hauptbossen. Standardmäßig bin ich nämlich nur mit meinem Säbel und der Kralle ausgestattet und da kommen mir ein paar neue und stärkere Waffen gerade recht, um mein Arsenal zu erweitern. Mit diesen Waffen lassen sich ebenfalls Wunden aufreißen und es ist für jeden Geschmack etwas dabei. Ein Bogen oder ein Messer für den Fernkampf oder eine Hellebarde, eine Axt oder die Doppelschwerter für den Nahkampf … das Repertoire ist riesig und lädt zum Experimentieren ein.
Die gefunden Waffen lassen sich mit bestimmten Materialien verbessern, wodurch zusätzliche coole Fähigkeiten freigeschaltet werden. Allerdings haben sie alle eine gewisse Abklingzeit und verbrauchen Energie (Mana), weshalb ich die Angriffe teilweise geschickt planen muss.
Schmerzhaft habe ich auch gelernt, dass bei stärkeren Gegnern manche Seuchenwaffen für mich besser funktionieren als andere. Aber gerade das Ausprobieren der verschiedenen Möglichkeiten machen für mich oft den Reiz dieser Kämpfe aus und die unterschiedlichen Animationen der Seuchenwaffen sind immer wieder ein Augenschmaus … und sehr befriedigend, wenn wieder ein Boss ins Gras gebissen hat.
Talente machen den Unterschied
Thymesia überfordert definitiv nicht mit Skills, aber trotzdem lässt sich Corvus in einigen Bereichen vorteilhaft aufleveln. So lassen sich mein Säbel- und Klauenschaden verstärken und meine Lebensenergie erhöhen. Bezahlt wird das wie üblich mit „Ingame-Währung“, hier Erinnerungssplittern. Die werden, wie bei einem Soulslike üblich, durch das Töten von Gegnern eingesammelt. Sterbe ich, verliere ich alles, was ich gesammelt habe, kann das aber, wie gehabt, am Ort meines Todes wieder einsammeln.
Daneben erwerbe ich aber auch noch bei jedem Level-Up (bis Stufe 25) Talentpunkte. Diese kann ich dann in einer fast unüberschaubaren Anzahl von Fähigkeitsbäumen verteilen. Ich entscheide mich hier z.B. ob ich mit meinen Klauen Komboangriffe durchführen können möchte, ob ich Paraden verstärke oder doch besser Angriffe blocke, meine Angriffe Gesundheit oder lieber Energie regenerieren … die Möglichkeiten sind endlos. Das Beste daran ist, dass ich diese Talente an jedem Checkpunkt neu verteilen kann, um sie der jeweiligen Situation oder einem bevorstehenden Bosskampf anzupassen.
Eine weitere Möglichkeit, mir noch ein paar Vorteile zu verschaffen, ist das Mischen von Tränken. Ich schleppe nämlich eine Anzahl von Gesundheitstränken mit mir herum, in die ich zusätzlich mit ein paar Kräuter verfeinern kann. Die Kräuter finde ich in der Spielwelt und ab und zu droppt auch mal ein Gegner welche. Welche Wirkung sie einzelnen Kräuter haben, habe ich hier schon einmal beschrieben 😉
Schöne aber wenige Gebiete
Schade finde ich es allerdings, dass Thymesia mit nur wenigen und relativ linearen Gebieten aufwartet. Zwar muss ich diese für allerlei Nebenmissionen mehrfach besuchen und es tun sich hier teilweise neue Wege auf, aber hier hätte ich mir doch etwas mehr Abwechslung gewünscht.
An der Ausgestaltung der Gebiete gibt es jedoch nichts zu meckern. Die Umgebungen sind sehr verschachtelt, warten mit mehreren Ebenen auf und bieten jede Menge Möglichkeiten sich zu verlaufen, die ich auch mehr als einmal intensiv genutzt habe …
Viele Shortcuts eröffnen neue Laufwege, sofern ich sie dann irgendwann mal geöffnet habe, und auch die Platzierung der Checkpunkte und Bossräume ist fair gestaltet. Das Leveldesign ist jedenfalls in den zur Verfügung stehenden Gebieten durchaus gelungen und jede neue Umgebung bietet auch was für’s Auge.
Mein Fazit
Thymesia besticht definitiv eher durch seine genialen Bosskämpfe und das einzigartige Kampfsystem, als durch die Story oder eine beeindruckende Spielwelt. Mit einer Spielzeit von ca. 20-25 Stunden, wenn man viel erforscht und alle Nebenquests mitnimmt, bekommt man aber durchaus viel für`s Geld.
Allerdings kann ich jeden verstehen, der bereits beim ersten Gebietsboss das Handtuch wirft. Der ist wirklich gleich zu Beginn ein ziemlich harter Knochen und auch für erfahrene Action- und Soulslike-Fans eine Herausforderung.
Das Lernen von Angriffsmustern und das geschickte Reagieren darauf, ist eine Grundvoraussetzung, um in Thymesia zu überleben. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass man sich dabei nicht auf irgendwelche Tutorials verlassen kann. Es kommt immer auf den eigenen Spielstil an und was für einen selbst am Besten funktioniert. Hier ist deswegen viel Geduld und Frusttoleranz gefragt. Einsteigern würde ich das Spiel deshalb eher nicht empfehlen.
Wer aber die Herausforderung und eine steile Lernkurve liebt und Spaß daran hat, sich mit dem außergewöhnlichen Kampfsystem intensiv auseinanderzusetzen, sollte sich Thymesia auf jeden Fall einmal ansehen.